Sechs Wochen, fünf Preisträger und unzählige Ideen: Kultur-Hackathon Coding da Vinci erstmals erfolgreich im Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien
„Möge die kreativste, pfiffigste oder sogar die ungewöhnlichste Idee gewinnen!“ Mit diesen Wünschen eröffnete der sächsische Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow die Preisverleihung und damit den Höhepunkt des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Ost³. Das Hackathon-Format, das seit 2019 von der Kulturstiftung des Bundes gefördert wird, fand 2022 unter Federführung der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) erstmals im Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien statt. Sechs Wochen lang haben kreative Köpfe neue digitale Anwendungen aus dem Kulturerbe im Dreiländereck entwickelt. Insgesamt 40 Kulturinstitutionen stellten offene Daten aus ihren Sammlungen bereit, darunter illustrierte Modezeitschriften aus dem 19. Jahrhundert, schlesische Glasmalereien, eine Münzsammlung, historische Filmaufnahmen von Dresden oder Tagebücher von Museumsdirektor*innen. Knapp 100 Kulturinteressierte waren beim Kick-Off am 19.3.2022 dabei, 20 Projektideen wurden anschließend in Teams weiterentwickelt.
Zur Preisverleihung wurden die Projekte nun öffentlich in der SLUB Dresden präsentiert. Eine internationale Jury zeichnete die besten Entwicklungen in den Kategorien „Trinational Award“, „Most sustainable“, „Most technical“ und „Funniest hack“ aus. Auch ein Publikumspreis wurde verliehen. Alle Ergebnisse sind unter einer offenen Lizenz für die weitere Nutzung öffentlich zugänglich.
Funniest Hack: Weben mit dem Smartphone
Katja Rempel und Nils Kochan, die beiden Entwickler der App webweb, erhielten den Preis in der Kategorie „Funniest hack“. Mit ihrer Web-App, die auf Daten der Historischen Schauweberei Braunsdorf basiert, machen sie die Grundlagen der Musterentstehung beim Weben erfahrbar und ermöglichen es Nutzenden, selbst Stoffmuster zu kreieren. Jurymitglied Rene Schulte (Innovation Director & Leiter der Spatial Computing & Metaverse Practice, Reply) würdigte in der Begründung die besondere Art und Weise, in der Kulturdaten hier verarbeitet wurden.
Nachhaltigkeitspreis: Silbermann reloaded – Computertastatur wird zur historischen Orgel
Mithilfe von Forschungsdaten aus dem Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig und der Historischen Kartensammlung des Leibniz-Instituts für Länderkunde Leipzig haben Matthias Müller-Prove und Shoko Kuroe eine historische Silbermann-Orgel wieder zum Leben erweckt. Dank ihrer Entwicklung kann nun jede*r mittels Computer-Tastatur das 300 Jahre alte Instrument spielen, das 1943 bei einem Bombenangriff auf Dresden fast vollständig zerstört wurde. Laut Jurymitglied Leonie Liemich (Projektkoordinatorin, Life &Technology Zittau) gab der gesellschaftliche Aspekt der Nachhaltigkeit den Ausschlag für das Projekt: Kulturerbe digital wieder greifbar zu machen, das so nicht mehr zugänglich ist.
Hier geht's zum Projekt Silbermann reloaded.
Der Dreiländer-Preis: Karten, die verbinden
Adam Kot, Kacper Przełożny, Paweł Słota und Maksymilian Markow aus Krakau haben auf Basis der Kartensammlung des Nationalarchivs ihrer Heimatstadt die Geschichts-App Back to the Map entwickelt, mit der man historische Karten aus verschiedenen Teilen der Welt suchen kann – auf Englisch, Deutsch, Polnisch und Tschechisch. Dem Team sei es damit gelungen, Verbindungen über Grenzen hinweg zu schaffen, Geisteswissenschaft und Informatik zu verknüpfen und Kulturobjekten so ein zweites Leben zu verleihen, hob Jurymitglied Dominik Piotrowski (Hauptkurator der Universitätsbibliothek der Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń) hervor.
Technik-Preis: #Tagmotion, Tags im Museum
Der Chemnitzer Software-Entwickler Steve Krämer hat mit seinem Projektteam eine Installation entwickelt, die Menschen zur emotionalen Auseinandersetzung mit Tagebucheinträgen der Museumsdirektoren (1932-1946) des Naturkundemuseums Leipzig einlädt. Zunächst werden mittels Grafik-Programm Emotionen visualisiert, anschließend können Textpassagen mit der eigenen Empfindung gegenüber den Tagebucheinträgen neu eingesprochen werden und finden so schließlich Eingang in eine Installation.
Detaillierte Informationen zum Projekt #Tagmotion und ein Blogbeitrag dazu.
Publikumspreis: Kartenspiel mit Aha-Effekt
Das Projekt Radikale Gesprächevereint die Historische Porträtsammlung der bpk-Bildagentur, Spritzdekor-Keramik aus Colditz und die Barocke Seesternsammlung des Naturalienkabinetts Waldenburg. Sophia Grazdanow, Palina Kasino und Sonja Meiners haben aus diesen Datensets ein gesprächsbasiertes Kartenspiel entwickelt, eine 15- bis 30-minütige Zeitreise vom 19. bis ins frühe 20. Jahrhundert. In fiktiven Charakteren kann man historische Ereignisse aus verschiedenen ideologischen Perspektiven erleben.